SHOPPING CART

item | 0,00 €

AN EMPTY CART

Sie haben keine Artikel in Ihrem Einkaufswagen.

Zwischensumme: 0,00 €

Geschichte des Hartzinns

DER HARTZINN: HISTORISCHER ÜBERBLICK Auszug aus dem Buch “Der Hartzinn in Europa” von L. Mory – Bramante

 

Zinn in der Antike

Anhand archäologischer Fundstätten können wir mit Sicherheit sagen, dass der Mensch seit mindestens vier Jahrtausenden Zinn verwendet. In der Prähistorie wurde Zinn vor allem als Legierungsmetall (12-14%), insbesondere in der Mischung mit Kupfer, zur Herstellung von Bronze eingesetzt. 

Auch das System des Zinnhandels selbst ist ein weiteres Indiz für seine uralte und verbreitete Nutzung. Zunächst gelangte er von den Regionen Zentralasiens mit Karawanen in die Gebiete des heutigen Vorderasiens. Die Phönizier, die in dieser Epoche die Meere Europas beherrschten, brachten Zinn von den spanischen und französischen Küsten bis hoch zu den Inseln der Nordsee. Auf der Insel von Wight bei Austle und in den Bergen von Cornwall (Britannien) entdeckten die phönizischen Händler Regionen mit hohem Zinnvorkommen – in die später auch die Römer gelangten – das sie abbauten, um das Metall in andere Länder auszuführen.

Zeitgleich begann man mit dem Abbau von Zinnmineralen auch in Frankreich, Spanien und Etrurien, der zwar im kleineren Maßstab erfolgte, aber dennoch Handelsvolumen ermöglichte.

 

Aufgrund der großen Völkerwanderungen der Germanen und der Konflikte, die damit einhergingen, stockte die Zinnverarbeitung bis ins 11. Jahrhundert hinein. In dieser Epoche wurden allein kultische Gegenstände aus Zinn produziert. Auf dem Konzil von Reims (813) wurde ausdrücklich festgelegt, dass für die Herstellung von dem Kult geweihten Gegenständen allein Zinn sowie Silber und Gold verwendet werden durften.

Als die Völker in Europa zunehmend sesshafter wurden, konnte der Einsatz von Zinn neben Kultgegenständen in wachsendem Maße auch auf Teller, Schalen, Krüge und Gläser ausgedehnt werden. Alsbald begannen die Menschen damit, das noch vorwiegend aus Holz und Ton bestehende Küchengeschirr durch solches aus dem viel robusteren Zinn zu ersetzen, so dass sich ca. ab dem 13. Jahrhundert in den wichtigsten Zentren eine handwerkliche Tradition der Metallverarbeitung auszubilden begann.

 

Das Metall

Das grau-silberfarbene Metall Zinn wird größtenteils aus Kassiterit gewonnen (abgeleitet von der sagenhaften Inselgruppe Kassiteriden, griechisch für Zinn-Inseln, mit denen wohl die Scilly-Inseln im Südwesten Cornwalls gemeint sind). Zinn findet man in unterirdischen Lagerstätten zusammen mit anderen Mineralen oder auch als Ablagerung, gleichsam auf der Oberfläche von Böden in metallhaltigem Sand, wo er durch Zersetzungsprozesse freigelegt wurde.

Dagegen ist Zinn in reiner Form sehr selten. Wie bereits erwähnt, wurde Zinn zuerst in Zentralasien abgebaut. Der Abbau des Minerals im südwestlichen Britannien, der Europa in der Zinnproduktion von Asien unabhängig machte, wird von Diodorus, einem Zeitgenossen Cäsars, beschrieben: "Die Tunnel mussten sich meilenweit unter dem Meeresboden erstrecken, so dass über den Bergarbeitern die Fluten brausten, die sie aber nicht wahrnahmen".

Diese gebirgige Region eignete sich auch hervorragend für den Abbau im Tagebau. Das direkt vor Ort geschmolzene Metall wurde über den Ärmelkanal zu den großen Handelsumschlagplätzen von Marseille, Bruges und Köln verschifft. Der Handel mit dem englischen Zinn erlebte eine Blütephase, als der Prinz von Wales 1342 "dem Deutschen Tidemann Limbergh alle Zinnminen für die Dauer von drei Jahren und drei Monaten abtrat und ihm das Recht übertrug, das gesamte Zinnvorkommen in Cornwall und Devonshire aufzukaufen." Zinnminerale waren allerdings bereits hundert Jahre zuvor in Deutschland entdeckt worden, als man 1240 in Graupen im Erzgebirge auf großflächige Zinnvorkommen höchster Qualität stieß. Während der Zinnabbau in den Minen keine besonderen Schwierigkeiten bereitete, stellte sich das Verfahren zur Abtrennung des Metalls aus dem Komplex verschiedener Minerale als ausgesprochen mühsam dar. Die Zinnbestandteile mussten an den verschiedenen Standorten in Mitteleuropa mühsam auf mechanische und chemische Weise von den anderen Mineralen getrennt werden. In Form von Barren, geschmolzen zu Platten oder gesammelt in Fässern, konnte das Zinn den weiten Weg zu den Verarbeitungsstätten antreten.

Nachdem die Zinnminen in England und Deutschland aufgrund des geringen Ertrags Ende des 18. Jahrhunderts nach und nach aufgegeben worden waren und angesichts der wachsenden Zinnproduktion auf der Halbinsel von Malacca und auf den vorgelagerten Inseln von Banka, Billiton und Singkep im Laufe des 19. Jahrhunderts, verlagerte sich die Zinngewinnung erneut nach Asien.

Weitere wichtige Zinnproduktionsstätten befinden sich heute in Russland (insbesondere in den an China angrenzenden Landesteilen), in Westafrika (vor allem Kongo und Nigeria) und nicht zuletzt in Bolivien, wo sich die reichsten Zinnvorkommen ganz Amerikas befinden.

Die Besonderheiten des Zinns, die seine Bedeutung für den Menschen über die Jahrhunderte ausmachten, sind vielfältiger Natur: In technischer Hinsicht zeichnen es vor allem seine außerordentliche Beständigkeit gegenüber chemischen und atmosphärischen Einflüssen, sein niedriger Schmelzpunkt (232°C), das schnelle Eingehen von Legierungen, seine Biegsamkeit und seine schillernde Farbe aus.

Heutzutage wird Zinn, das zu weich ist, um allein bearbeitet zu werden, vor allem mit kleinen Mengen Zinn und Antimon angereichert, was Hartzinn zum Ergebnis hat. Zinn rostet nicht wie Eisen, wird nicht mit einer grünen Patina wie Kupfer überzogen und dunkelt nicht so schnell wie Silber. Gleichzeitig ist es nicht so zerbrechlich wie Steinzeug. Diese hervorragenden Eigenschaften des Zinns fanden in den Worten des Kunsthistorikers Cornelius Gurlitt (1850-1938) Würdigung: "Man probiere nur einmal, wie es sich aus einer Zinnschale isst. Sie werden sich wundern, wie gut das Essen daraus schmeckt, wie leicht sich Fleisch schneidet, wie Nahrung warm gehalten wird und wie Wein und Bier ihre Frische behalten, wenn sie in Zinnkrüge eingefüllt werden."

 

Die Zünfte

Motiviert von der Tätigkeit der Werkstätten der Klöster, begannen die Bauern im Mittelalter damit, selbst den Hausrat und die Werkzeuge herzustellen, die sie für ihr Leben benötigten. Je nach persönlichen Vorlieben widmeten sich einige der Holzverarbeitung, andere wiederum Schmiedearbeiten und schon bald wurde aus dem Bauern ein vollberuflicher Handwerker. Die Erschließung der Zinnminen begünstigte darüber hinaus die Ausbildung eines echten Berufsstands im Umfeld der Gießer. In Süddeutschland nahmen die Handwerker die Bezeichnung "Kandler" oder "Kandelgießer" (Spengler, von Kandel=Krug, Karaffe abgeleitet) an, während man sie in Norddeutschland unter dem Namen "Kannenmacher" kannte. Ab dem 18. Jahrhundert ist die Bezeichnung "Zinngießer" gebräuchlich.

Im Jahr 1285 wurde erstmals eine Zunft von Zinngießern in Nürnberg urkundlich erfasst. In vielen Städten Deutschlands und anderen europäischen Ländern finden wir in dieser Zeit erste Gemeinschaften von Zinngießern, einige davon eigenständig, andere in Zünften oder anderen Berufsverbänden organisiert. Die Kunst des Zinngießens war bald ein angesehener und einträglicher Berufsstand. Die Statuten der Zünfte waren im Mittelalter ein wichtiger Bestandteil des Kommunalrechts. In ihnen waren Rechte und Pflichten der Zunftmitglieder sowie bestimmte Arbeitsanweisungen enthalten, die anfänglich von den ältesten Meistern ausgearbeitet und später von den Stadtbehörden ratifiziert wurden. Daneben wurden dort auch Normen bezüglich der handwerklichen Tätigkeit festgehalten (Zusammensetzung der Legierungen, Verpflichtung zur Anbringung eines Herstellerzeichens), aber diese Regeln betrafen auch das private Leben der einzelnen Handwerker. So wurden nur diejenigen Männer als Auszubildende aufgenommen, die eheliche Kinder waren und für ausreichend rechtschaffen und fromm galten. Die drei bis acht Jahre dauernde Ausbildung war darüber hinaus besonders hart in diesem Berufszweig. Wenn die jungen Männer diesen Zeitraum durchstanden, hatten sie dem Meister eine Probearbeit vorzulegen, um bei deren Gelingen in den Rang eines Gesellen aufzusteigen. Die Leitung des Gesellenverbands oblag den zwei dienstältesten Gesellen. Es waren viele Jahre der Ausbildung vonnöten, wollten die jungen Gießer sämtliche Techniken der Gießkunst erlernen. Fühlte sich ein Geselle reif genug, in den Rang eines Meisters aufzusteigen, musste er bestimmte, nicht immer einfach zu realisierende Bedingungen erfüllen. Die Prüfung zur beruflichen Eignung wurde in der Werkstatt des dienstältesten Meisters abgelegt und dauerte zwei Wochen. Die Schwierigkeit der Prüfung lag nicht so sehr in der Herstellung von immerhin drei verschiedenen Gegenständen aus Hartzinn, sondern vor allem darin, dass die Gussformen aus Stücken aus Stein, Terrakotta und Messing selbst hergestellt werden mussten. Üblicherweise wurde den Prüflingen aufgetragen, Gegenstände wie Weinkaraffen, Schalen oder Ampullen für die Prüfung herzustellen.


 

Vertriebspartner

Subscribe to our newsletter
GET 10% DISCOUNT !
Coupon::